Hormontest im Speichel vs. Blut – Was sind die Unterschiede?
Für welche Hormone ist der Speicheltest sinnvoll und für welche Hormone ist ein Bluttest sinnvoll?
Speichel ist „gefiltertes Blut“. In den Speicheldrüsen wird das Blut gefiltert, wobei rote Blutzellen zurückgehalten werden. Hormone hingegen gelangen aus dem Blut in den Speichel. Sinnvoll ist der Speicheltest für die Hormone Cortisol, DHEA, Melatonin, Progesteron, Testo, Östriol und Östradiol, weil diese durch die Membran der Speicheldrüse passieren können. Bluttests sind dagegen sinnvoll für z.B. Schilddrüsenhormone und Prolaktin.
Was wird im Blut gemessen, wenn Sexualhormone bestimmt werden?
Werden z.B. Sexualhormone wie Progesteron im Blut gemessen, so ist damit die Serum- oder Plasmakonzentration von Progesteron gemeint. Plasma ist dabei der wässrige, nichtzelluläre Teil des Bluts, der nicht die zellulären Bestandteile wie rote und weiße Blutzellen enthält. Serum ist Plasma ohne Gerinnungsstoffe. Sexualhormone wie Progesteron, Östrogen und Testo sind fettlösliche Hormone, die an Bindungsproteine gebunden sind. Nur ein geringer Teil steht den Zellen frei zur Verfügung. Da Steroidhormonen an Bindungsproteine gebunden sind, ist es wichtig das Bildungsprotein (SHBG für die Sexualhormone und Transcortin für die Stresshormone) mitzubestimmen, um den Anteil der frei zur Verfügung stehenden Hormone interpretieren zu können.
Wie wandern Sexualhormone durchs Blut?
Nehmen wir als Beispiel Progesteron. Das in den Eierstöcken produzierte Progesteron gelangt über das Blut an die Zellrezeptoren. Allerdings ist es weitestgehend an Proteine gebunden, d.h. es steht den Rezeptoren im Gewebe unseres Körpers nicht leicht zur Verfügung. Nur 2-5% des im Blut gemessenen Progesterons ist „frei“ verfügbar und nicht an Proteine gebunden. Diese 2-5% stehen den Zellen frei zur Verfügung und diese 2-5% werden durch den Speicheltest gemessen. Der im Blut gemessene Progesteronspiegel ist kein gutes Maß dafür, was vom Körper verwendet werden kann. Aber ein Progesteronspiegel aus dem Blut kann gut dafür verwendet werden, z.B. die Progesteronproduktion von zwei Frauen zu vergleichen oder um zu sehen, wieviel Progesteron die Ovarien einer Frau insgesamt produzieren. Würde man Progesteron intravenös verabreichen, so würden 80% des Progesterons durch rote Blutzellmembranen aufgenommen, die von Natur aus fettreich sind und somit zur Verfügung stehen für fettlösliche Progesteron-Moleküle. Weniger als 20 Prozent wären im Serum zu finden.
Welchen Einfluss hat die Aufnahme von transdermalem Progesteron (z.B. Progesteroncremes)?
Progesteron ist ein sehr lipophiles (fettliebendes) Molekül, das gut durch die Haut in das darunterliegende Fettgewebe absorbiert wird. Von der Fettschicht wird das Progesteron allmählich durch die Membran der roten Blutzellen in den Kapillaren aufgenommen. Es wird dann durch die Membran der roten Blutzellen in das Zielgewebe transportiert und ist damit z.B. im Speichel leicht verfügbar. Dadurch kann es im Speicheltest leicht gemessen werden. Dagegen wird nur ein kleiner Teil des Progesterons durch das wässrige Serum aufgenommen.
Warum sollte Progesteron immer zusammen mit Östradiol bestimmt werden?
Progesteron befindet sich mit den Östrogenen in einem aufeinander abgestimmten Wechselspiel, da diese Hormone gleichzeitig ausgleichende und ergänzende Effekte aufeinander haben. Dabei gibt der Östrogenspiegel vor, wie viel Progesteron wir benötigen. Ist das Verhältnis von Östrogenen und Progesteron so verschoben, dass Östrogene im Vergleich zu Progesteron einen zu hohen Anteil haben, spricht man von einer Östrogendominanz – dabei ist das ideale Verhältnis der Hormone zueinander wichtiger als die einzelnen Werte. Es ist also möglich, einen normalen Progesteronspiegel zu haben und trotzdem Symptome eines Progesteronmangels aufzuweisen, wenn im Verhältnis zu viel Östradiol gebildet wird. Darum ist es empfehlenswert, diese beiden Hormone stets zusammen zu testen.
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»» Weitere Informationen zu Östrogendominanz und Progesteronmangel
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Wieviel Progesteron sollte substituiert werden?
Das Ziel einer Progesteronsubstitution sollte sein, physiologische Werte von bioverfügbarem Progesteron zu erreichen. Dabei ist das Progesteron-Östrogen-Verhältnis wichtig. Frauen mit einem Eisprung sollten sich in einem Bereich von 100-450 pg/ml (Referenzwerte Verisana) bewegen. Die Referenzwerte anderer Labore können anders ausfallen, je nachdem welcher Test verwendet wird. Dieser Bereich sollte auch unter Progesteroneinnahme nicht überschritten werden. Der Körper produziert täglich zwischen 25-30 mg Progesteron. Eine Progesteronsubsitution sollte nicht höher als 12-15 mg pro Tag sein, wenn das Erreichen physiologischer Werte das Ziel ist. Als naturheilkundliches Labor empfehlen wir keine Hormone, auch keine naturidentischen oder bioidentischen. Das heißt nicht, dass sie für einige Frauen nicht Sinn machen. Im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung oder bei diagnistizierter Gelbkörperschwäche können unter ärztlicher Anleitung höhere Gaben sinnvoll sein.
Welche Alternativen gibt es für Progesteron?
Beispiele wären homöopatisches Progesteron in D5 Potenz, Alchemilla Urtinktur, Frauenmanteltee, Corpus Luteum von Wala.
Gibt es Wechselwirkungen von Hormonen untereinander?
Ja! Das Wechselspiel von Östradiol und Progesteron haben wir oben schon erläutert. Da aber das gesamte Hormonsystem einem äußerst komplexen Zusammenspiel unterliegt, werden häufig auch andere Hormone von einer Östrogendominanz beeinflusst. Umgekehrt kann ein Mangel/eine Überproduktion anderer Hormone eine Östrogendominanz begünstigen. Daher ist es sehr sinnvoll, sich einen umfassenden Überblick über den aktuellen Hormonzustand zu verschaffen, um nicht eventuell andere „Baustellen“ zu übersehen. So kann zum Beispiel erhöhter Stress dazu führen, dass der Körper das eigentlich genug vorhandene Progesteron in Östradiol umwandelt und es dadurch ebenfalls mit der Zeit zu einer Östrogendominanz kommt. Dies passiert häufig bei chronischem Stress oder dauerhafter Überlastung. Anhand der Stresshormone wie Cortisol lässt sich erkennen, ob es hier Auffälligkeiten gibt. Diese Art der Wechselwirkungen gibt es auch bei vielen anderen Hormonen. Wir empfehlen daher stets ein umfassendes Hormonprofil, bei dem neben den Sexualhormonen (Progesteron, Östradiol, Östriol und Testo) auch die Stresshormone Cortisol und DHEA getestet werden.
Was kann die Ergebnisse des Speicheltests verfälschen?
- Wenn Sie vor Probenentnahme rauchen, Zähne putzen, Frühstücken oder direkt vor der Abnahme essen, Kaffee oder andere Getränke (außer Wasser trinken).
- Wenn Sie vor Probenentnahme eine Zahnbehandlung durchführen lassen oder Zahnfleischbluten haben
- Wenn Sie eingenommene oder gecremte Hormonpräparate nicht rechtzeitig absetzen.
- Wenn Sie Sojaprodukte oder pflanzliche Mittel zu sich nehmen und diese nicht rechtzeitig absetzen.
- Wenn Sie das Probengefäß mit der Hand anfassen, mit der Sie normalerweise cremen.
- Wenn Ihr Partner Hormoncreme verwendet und Sie damit berührt (Sie werden quasi mittherapiert, weil Sie die Hormone über die Haut aufnehmen).
- Wenn Sie vor Probenentnahme viel Sport machen kann dies die Werte Ihres Speicheltests verfälschen.
Warum ist der Zeitpunkt der Probenabnahme beim Speicheltest wichtig?
Für Frauen ist der Zeitpunkt der Probenabnahme wichtig, falls sie ihre Sexualhormone oder einen Hormongesamtstatus bestimmen lassen möchten. Falls Sie ausschließlich die Stresshormone bestimmen lassen möchten, ist der Zyklustag nicht relevant und Sie können den Test an jedem Tag in Ihrem Zyklus durchführen.
Frauen mit regelmäßiger Periode sollten den Test bei einem 28 Tage-Zyklus zwischen dem 19.-21.-ten Zyklustag durchführen. Gerechnet wird vom ersten Tag der Menstruation. Falls Ihr Zyklus länger oder kürzer ist so ziehen Sie 7-9 Tage von Ihrer Gesamtzykluslänge ab und Sie erhalten den Tag der Proebenentnahme.
Bei unregelmäßiger Periode ist leider nur eine Annäherung an den optimalen Tag der Probenabnahme möglich. Bitte berechnen Sie die durchschnittliche Zykluslänge der letzten 6 Perioden. Dann ziehe 5 Tage davon ab.
Falls Sie keine Periode haben oder falls Sie Verhütungsmittel einnehmen, die einen Langzeitzyklus vorgeben, können Sie den Test an jedem Tag im Monat durchführen.
Mit Verhütungsmitteln, die einen 21-Tage-Rhythmus mit 7 Tage Pause vorgeben, machen Sie den Test bitte innerhalb der ersten zwei Wochen. Gerechnet wird hierbei vom ersten Tag der Pilleneinnahme.
Männer können den Speicheltest an jedem beliebigen Tag im Monat durchführen lassen.
Für die Sexualhormone reicht die Abnahme von 3 Speichelproben direkt nach dem Aufwachen im Abstand von jeweils 30 Minuten. Beim Tagesprofil Stresshormone und beim Gesamthormonstatus werden 7 Speichelproben über den Tag verteilt benötigt. Dies ermöglicht es, den Cortisolverlauf über den Tag hinweg zu untersuchen und gibt Aufschluss darüber, ob Ihre Cortisolkurve optimal verläuft.
Zusammenfassung:
(1) Bluttests sind nicht in der Lage die proteingebundenen (inaktiven) von den frei verfügbaren und aktiven Hormonen zu unterscheiden und geben so einen Näherungswert an. Warum ist das wichtig? Weil die Werte im Blut im Normbereich liegen können, aber wenn man sich die aktiven Hormone anschaut, auch Mängel oder Überschüsse aufgedeckt werden können.
(2) Bluttests zeigen die Hormonwerte außerhalb der Zellen im Serum auf und spiegeln nicht die anderen Ebenen im Körper wider, wo sie tatsächlich aktiv sind.
(3) Falls Sie im Rahmen der Hormonersatztherapie transdermale (d.h. über die Haut aufgenommene) Hormone verwenden, sind Blutwerte für die Überprüfung nicht akkurat. Dies liegt daran, dass einmal durch die Haut in das Blut aufgenommene Hormone sich an die roten Blutzellmembranen binden, um ungünstige Wechselwirkungen mit dem wässrigen Plasma zu minimieren, da die meisten Hormone „Fett lieben“ und es somit vorziehen, sich an Fette zu binden. Sobald Ihre Blutprobe entnommen wird, wird sie meist zentrifugiert und die roten Blutkörperchen werden zusammen mit den Hormonen vor der Analyse entfernt. Dieses Phänomen wurde von Stanczyk et al. (2005) (siehe Referenzen) für transdermales Progesteron beschrieben. Es scheint aber auch in geringem Maße für alle anderen Hormonen aufzutreten. D.h. auch nach mehrwöchiger Anwendung von transdermalem Progesteron zeigen Blutserumtests keine starke Zunahme des Progesteronpiegels auf, während Speicheltests bereits nach ein paar Stunden einen Anstieg anzeigen. Dies kann ein Problem bei der Überwachung von Progesteronspiegeln bei der Verwendung von transdermalen Hormoncremes darstellen.
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Wissenschaftliche Studien und die Verwendung von Speicheltests
Trotz der Verwendung von Hormonspeicheltests in vielen Studien wird häufig behauptet, Speicheltests seien weniger aussagekräftig als Bluttests für die Bestimmung von Sexual- und Stesshormonen.
Folgende Studien befürworten jedoch die Verwendung von Speicheltests gegenüber Bluttests:
Stanczyk, FZ. et al. (2005): Percutaneous administration of progesterone: blood levels and endometrial protection. Menopause 12(2): 232-237.
Diese Studie untersucht die Wirksamkeit der transdermalen Verabreichung von Progesteron auf das Endometrium und beschreibt die Diskrepanz zwischen Speichel und Serumwerten. Die oben beschriebene Therapie mit den roten Blutzellen wird validiert.
O’Leary, P. et al. (2005): Salivary, but not serum or urinary levels of progesterone are elevated after topical application of progesterone one cream to pre- and postmenopausal women. Clin Endo 53: 615-620.
Die Wissenschaftler gaben jeweils 6 prä- und postmenopausalen Frauen 64 mg Progesteron. Die jeweiligen Serumblutwerte nach 3 Stunden und die 24-Stunden-Urin-Werte (einschließlich Pregnandiol-3-Glucuronidmetaboliten) zeigten keine signifikanten Änderungen der Progesteronwerte, während im Speichel bemerkenswerte Erhöhungen festzustellen waren. Als Erklärung lieferten die Autoren folgende Hypothese: Die Hormone würden über das Lymphsystem ausgeliefert und nicht über die Blutzellen, sodass die Theorie der roten Blutzellen nicht greifen würde.
Carey, BJ. et al. (2000): A study to evaluate serum and urinary hormone levels following short and long term administration of two regimens of progesterone cream in postmenopausal women. British J Obstetrics and Gynecology 107: 722-726.
Diese Studie untersuchte die Serum- und Urin-Hormonspiegel nach kurz- und langfristiger Verabreichung von Progesteroncreme bei postmenopausalen Frauen. Die Wissenschaftler bewerteten die Serum- und Urinwerte von 24 prä- und postmenopausalen Frauen nach 42 tägiger Anwendung von transdermalem Progesteron in Höhe von 40 mg Progesteron. Sie kamen zum Ergebnis, dass die Progesteronwerte im Serum nur leicht erhöht waren (obwohl große Unterschiede in den Ergebnissen vorlagen).
Vining, RF. und McGinley RA. (1986): Hormone in Saliva.
Critical Reviews in Clinical Laboratory Sciences 23 (2): 95-146.
Die Wissenschaftler geben einen Überblick über Hormone im Speichel und deren Bestandteile. Sie fassen Folgendes zusammen: Die Speichelflussrate beeinflusst den Speichel-pH-Wert von Saliva und die Konzentration vieler Speichelionen. Dies hat viele Kliniker zu der Annahme verleitet, dass sie auch die Hormonwerte im Speichel beeinflussen würde. Dies ist nicht der Fall bei Steroiden wie Cortisol, Testo, Progesteron und Östriol. Bei konjugierten Steroiden (d.h. gekoppelte Hormonverbindung mit bspw. Sulfat), wie z.B. DHEA-S, können die Werte hingegen von der Fließgeschwindigkeit abhängen.
Dollbaum CM und Duwe GF (1997): Absorption of progesterone after topical application: plasma and saliva levels. Presented at the 7th Annual Meeting of the American Menopause Society, 1997.
Dollbaum und Duwe (1997) gaben Frauen in den Wechseljahren Progesteroncreme und testeten anschließend ihre Werte im Blut und im Speichel. Sie kamen zu folgenden Ergebnissen:
Progesteron creme (Tagesdosis)
0 mg
0.34 mg
30 mg
Blut (ng/ml)
0.36 + 0.06
0.50 + 0.09
1.8 + 0.3
Speichel (ng/ml)
0.03 + 0.006
0.152 + 0.025
8.7 + 3.5
Die Ergebnisse zeigen auf, dass die Frauen, die die Progesteroncreme als Placebo (d.h. 0mg Progesteron) erhalten haben, sehr wenig bioverfügbares Progestern besitzen. Im Speichel lagen ihre Werte bei 0,03 ng/ml.
Bei Frauen, die 0,34 mg Progesteron erhielten, stiegen die Werte im Blut um 39% an und im Speichel um 500%, d.h. im Speichel waren die Werte 5x höher.
Nahmen die Frauen 30 mg Progesteron ein, so stieg der Blutwert nur um das 3,6-fache an, der Speichelwert jedoch um das 57-fache.
Die Studie zeigt auf, dass die Progesteronwerte im Blut nicht gut wiedergeben, wieviel Progesteron bioverfübar ist, wenn Progesteron in Form von Progesteroncreme substitutiert wird.
Weitere wissenschaftliche Studien:
Ellison, PT. (1993): Measurements of salivary progesterone. Ann NY Acad Sci Sept 20 1993; 694: 161-176.
Ellison, PT. (1992): Menstrual variation in salivary testo among regularly cycling women. Campbell BC, Horm Res 1992; 37 (4-5): 132-136.
Lipson, SF. und Ellison, PT. (1994): Reference values for luteal “progesterone” measured by salivary radioimmunoassay. Fertility and Sterility May 1994; 61 (3): 448-454.
Johnson ME, et al. (1995): Permeation of steroids through human skin. J Pharmaceutical Sci 1995; 84: 1144-1146.
Studien zum “Red Blood Cell Transport” von Progesteron:
Devenuto F, et al. (1969): Human erythrocyte membrane: Uptake of progesterone and chemical alterations Biochim Biophys Acta, 1969;193:36-47.
Koefoed P, Brahm J. (1994): Permeability of human red cell membrane to steroid sex hormones. Biochim Biophys Acta 1994; 1195: 55-62.
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